Aus dem Bordell wird ein Jugendhort
Außenwohngruppe der evangelischen Stiftung Gotteshütte zieht in den Lindenhof ein / "Ein gutes Gefühl"

   

Freuen sich über die jüngste Entwicklung im Lindenhof: Bezirksausschuss-Vorsitzender Fritz Heine (links) und Besitzer Günter Luig - hier mit dem von der Sonnenwinkel-Truppe gestalteten Namensschild. Foto: Wilhelm Gerntrup

Von Wilhelm Gerntrup

Porta Westfalica-Kleinenbremen (gp). In die Kleinenbremer Gaststätte Lindenhof, zuletzt Herberge leichter Mädchen, ziehen Kinder der Gotteshütte ein.

Sein Haus sei durch die spektakulären Zeitungsberichte auf den Lindenhof aufmerksam geworden, kommentiert Thomas Volkening, Verwaltungschef der Gotteshütte, die neue Entwicklung. "Da wir ohnehin auf der Suche nach einem Standort für eine neue Außenwohngruppe waren, haben wir uns das Ganze aus der Nähe angesehen." Ergebnis: Das Haus selbst, die Lage mitten im Dorf und die unmittelbare Nachbarschaft zur Schule eignen sich sehr gut als Lebensumfeld für ein solches, dezentral organisiertes Erziehungshilfekonzept.

Auch Lindenhof-Besitzer Günter Luig war sofort Feuer und Flamme. Er hat bei dem Deal ein sehr gutes Gefühl. Das sah bis vor kurzem noch anders aus. Anfang des Jahres war die traditionsreiche Gaststätte heftig in die Schlagzeilen geraten. Luig hatte sein Lokal an zwei Männer aus dem Rotlicht-Milieu verpachtet. Via Internet wurden "supergeile Spiele mit ganz heißen Girls" angeboten. Die Lütkenbremer Bevölkerung schockierte diese Entwicklung. Bei einer von SPD-Ratsherr Dieter Lichte organisierten Einwohnerversammlung Anfang März ging es hoch her. Nahezu einmütig wurde die sofortige Schließung des Etablissements gefordert.

Unter dem Eindruck der heftigen Proteste gingen die roten Lichter vorübergehend aus. Doch schon kurze Zeit später konnten Anwohner und Nachbarn neue Verkehrsbewegungen beobachten. Schließlich wurde Luig die Sache zu mulmig. Auf Druck seines Anwalts stimmten die Dreamhouse-Betreiber der Vertragsauflösung zu.

Luig, der in den letzten Jahren insgesamt viel Pech mit seinen Pächtern gehabt hatte, machte sich zähneknirschend daran, den Schankbetrieb wieder selbst in die Hand zu nehmen. Die Anfrage der Gotteshütte sei genau zur richtigen Zeit gekommen, bekennt er heute erleichtert. Ein Pachtvertrag ist bereits unterschrieben.

Die Gruppe des Jugendhofs wird das komplette Haus bewohnen. Sie lebt derzeit noch in einem Gebäude auf dem Betriebsgelände. Der Umzug ist Ende des Jahres vorgesehen. Zuvor muss noch einiges umgebaut werden. Um die Investitionen abzusichern, hat sich die als Stiftung der evangelischen Kirche organisierte Einrichtung ein Vorkaufsrecht einräumen lassen.

Bei ihrem Einzug werden die Neuen den Lindenhof möglicherweise in Haus Sonnenwinkel umtaufen. Diesen Namen hat sich die Gruppe bereits vor längerer Zeit gegeben. Zum Team gehören neun Kinder im Alter von neun bis 13 Jahren. Die meisten von ihnen haben schlechte Erfahrungen im Elternhaus hinter sich. Die Wohn- und Lebensgemeinschaft in der Gruppe ist zu ihrem zweiten Zuhause geworden. Um die Betreuung kümmert sich rund um die Uhr ein vierköpfiges Helferteam, darunter eine Ergotherapeutin, ein Diplom-Pädagoge und zwei Erzieherinnen.

Mit dem Umzug in den Lindenhof wird bereits die fünfte Außengruppe des Jugendhofs aus der Taufe gehoben. Die erste war bereits vor langer Zeit ebenfalls in Kleinenbremen an der Alten Straße eingerichtet worden. Die anderen wohnen und leben in Krainhagen, Rinteln- Ahe und Minden.


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27.07.2001
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