Auf Weg zur Polizei Kinder überfahren
Fahranfänger begeht innerhalb eines Monats zweimal Unfallflucht / Geldbuße plus Führerscheinsperre

      
Von Stefan Lyrath

Porta Westfalica- Kleinenbremen/Bückeburg (Ly). Makaber, absurd, abstrus, vielleicht auch tragisch: Was ein 19-Jähriger aus Eilsen angerichtet hat, lässt sich mit mehreren Worten umschreiben, aber kaum begreifen.

Anfang Januar war der Fahranfänger auf dem Weg zur Bückeburger Polizei, um eine sieben Tage zuvor auf der Selliendorfer Straße in Kleinenbremen begangene Unfallflucht zu gestehen. Unweit der Wache überfuhr der junge Mann beim Linksabbiegen zwei Mädchen (13), die bei grüner Fußgängerampel die Straße überqueren wollten - und beging erneut Unfallflucht. Wie durch ein Wunder wurden die Kinder nur leicht verletzt, erlitten lediglich Prellungen. Sie hatten sich über die Motorhaube abgerollt.

"Es hätte ganz anders ausgehen können", meint der Bückeburger Staatsanwalt Rainer Kaul, der in der Tat des 19-Jährigen "keine kriminelle Energie" erkennen kann, vielmehr Unsicherheit. "Er war unerfahren - als Autofahrer und im Leben", versucht Jugendrichter Dirk von Behren eine Erklärung für das Verhalten des Heranwachsenden. Wahrscheinlich sei der Eilser einfach in Panik geraten. "Was geht in einem vor, wenn auf dem Weg zur Wache so ein Vorfall passiert?", fragt sich Rechtsanwalt Hans-Dieter Liebelt.

Immerhin: Zur Polizei fuhr der Eilser tatsächlich noch. Gegenüber den Beamten kam Liebelts Mandant wieder halbwegs zur Besinnung, räumte nach kurzem Zögern außer der ersten Tat auch die zweite ein, die gerade passiert war. Es kam zur Anklage und jetzt auch zur Gerichtsverhandlung in Bückeburg. Das bereits rechtskräftige Urteil: Der Fahranfänger, der seinen gerade erworbenen Führerschein nach nur vier Wochen wieder abgeben durfte, muss 300 Euro Geldbuße an den Kinderschutzbund zahlen. Darüber hinaus verhängte von Behren eine neunmonatige Sperre für die Fahrerlaubnis und sagte an die Adresse des Angeklagten: "Sie können sich im Straßenverkehr nichts mehr erlauben."
Mit seiner Entscheidung folgte der Jugendrichter den übereinstimmenden Anträgen von Staatsanwaltschaft und Verteidigung. Verurteilt wurde der junge Mann wegen fahrlässiger Körperverletzung sowie in zwei Fällen von unerlaubtem Entfernen vom Unfallort.

Beim ersten Mal hatte er am Silvesterabend 2001 in Kleinenbremen eine Laterne und eine Einfriedung mitgenommen, ohne sich um den Schaden zu kümmern. Rechtfertigung des 19-Jährigen: "Der Grundstückseigentümer war nicht zu Hause, und bei den Nachbarn habe ich kein Licht gesehen." Das steht im krassen Widerspruch zu den Angaben einer Zeugin, die sogar noch versucht haben will, den Bruchpiloten aufzuhalten.

Zum Unfall mit den Mädchen sagte der Angeklagte, er sei in Panik geraten: "Ich kann nicht beschreiben, was in mir vorging." Obwohl ein Freund, der auf dem Beifahrersitz gesessen hatte, noch "Halt an!" schrie, fuhr der Mann am Steuer weiter. Bei den Schülerinnen hat sich der Eilser übrigens bis heute nicht entschuldigt. Begründung: "Ich habe nie jemanden erreicht." Richter von Behren: "Dann kann man auch einen Brief schreiben."


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18.05.2002
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