Der Winter ist für Dino-Forscher günstig
Saurier-Experte Dr. Peter Lanser referierte im Kleinenbremer Museum / Spektakuläre Funde in heimischer Region

      

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Auch nach dem Vortrag von Dino-Fans noch lange umlagert: Geo- und Paläontologe Dr. Peter Lanser aus Münster (links) - hier bei der Begutachtung eines Fundstücks von Angelika und Gerd Schwager aus Bad Münder.Foto: Wilhelm Gerntrup

Von Wilhelm Gerntrup

Porta Westfalica-Kleinenbremen (gp). Kommt die Wülpker Egge - nach Gesteins- abbau, Müllkippe und Bergrutsch - demnächst als Saurierfundstätte in die Schlagzeilen?

Dino-Experte Dr. Peter Lanser vom Westfälischen Naturkundemuseum in Münster jedenfalls mochte diese Möglichkeit nicht von vornherein ausschließen. Knochenreste und Spuren der prähistorischen Echsen seien in den meisten heimischen Steinbrüchen zu vermuten, erklärte der gelernte Geo- und Paläontologe bei einem Vortrag im Kleinenbremer Bergwerksmuseum.

Die Einschätzung Lansers kommt nicht von ungefähr. Einen ersten, spektakulären Fund in der Wülpker Bergregion hat es bereits gegeben: Vor drei Jahren wurden an der Steinbruchkante Skelettreste eines Meereskrokodils entdeckt.

Der sechs Meter lange Raubsaurier war vor 150 Millionen Jahren in dem sich damals hierzulande ausdehnenden Tropenmeer herumgeschwommen. Das relativ flache, salzhaltige Gewässer mit seinen zahlreichen Inseln war ein idealer Lebensraum für das Reptil. Es bewegte sich mit Hilfe von Flossen fort und war durch dicke Panzerplatten geschützt. Seine Nahrung bestand hauptsächlich aus Fischen.

Erhalten geblieben vom Steneosaurius Wülpkerius sind Teile des Schädels sowie die etwa 50 Zentimeter langen Ober- und Unterkiefer einschließlich der messer- scharfen Zähne. Der Fund hatte unter Wissenschaftlern für große Aufmerk- samkeit gesorgt. Die Knochenfragmente sind mittlerweile präpariert und seit kurzem im Museum des Besucher- bergwerks zu sehen.

So wie die Wülpker Egge werden seit fünf Jahren alle auf westfälischer Seite liegenden Gesteinsabbrüche nach Überresten der Urzeitreptilien abgesucht, erläuterte Referent Lanser. Man ahme damit im Grunde genommen das nach, was in Großbritannien und Skandinaviern schon seit langem und mit viel Erfolg praktiziert werde. Da die dortigen Verhältnissen in puncto Erdgeschichte und Geologie der heimischen Situation sehr ähnlich seien, dürfe man auch hierzulande noch mit manch überraschender Entdeckung rechnen.

Als Beispiel nannte Lanser den spektakulären Dino-Fund im nahen Wiehengebirge. Dort wurden bei den vor sechs Jahren begonnenen Bergungsarbeiten Überreste eines 14 Meter langen Allosaurus freigelegt. Der Fleisch fressende, auf zwei Beinen umherlaufende Koloss lebte vor etwa 160 Millionen Jahren. Der Fund gilt als wissenschaftliche Sensation. Er wird zur Zeit in Berlin gezeigt.

Besonders günstig sei die Spurensuche gegen Ende der Winterzeit, verriet der Referent den heimischen Dino- Freunden. Dann habe der Frost erfahrungsgemäß Neues "herausge- wittert". Eindringlich appellierte Lanser jedoch an die Hobby- Sammler, mit den Profis zusammenzuarbeiten. Nur so könne das reichhaltige prähistorische Leben der heimischen Region erforscht und an die Nachwelt weitergegeben werden. Niemand müsse Angst um sein Fundstück haben. Im schlimmsten Fall werde die Denkmalbehörde von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch zumachen. Den Wert bestimme eine unabhängige Schätzkommission.

Wie schwer jedoch nicht nur die finanzielle, sondern auch die wissenschaftliche Beurteilung der zumeist nur noch aus Rest- und Einzelteilen bestehenden Fundstücke ist, machte der Referent mit launigen Worten am Beispiel eines im Wiehengebirge entdeckten, schildartigen Knochengebildes deutlich. "Zuerst war das für die beteiligten Fachleute ganz klar der Oberarmknochen eines Vogels." Doch dann sei das gute Stück nach längerer Begutachtung im Labor zum Schienbeinknochen einer Schildkröte "mutiert".

Einen Seitenhieb hatte der NRW-Wissenschaftler auch für die Denkmalpflege in Niedersachsen parat. Nach dortigem Selbstverständnis seien paläontologische Funde kein schützens- wertes Kulturgut. Deshalb finde auch keine staatlich vorgegebene und geförderte Forschung des prähistorischen Tier- und Pflanzenlebens statt. In Fachkreisen sei hinter vorgehaltener Hand von "niedersächsisch-wild-ost" die Rede.

Unabhängig davon scheint das Dino-Interesse der Wild- Ost-Hobby- Paläontologen groß. Das zeigte nicht zuletzt der große Anteil der Zuhörer aus dem Schaumburger Land. Überhaupt durfte das Museum für Bergbau und Erdgeschichte mit der Resonanz auf sein Vortragsangebot rundum zufrieden sein. Der Medienraum war mit über 70 Interessenten bis auf den letzten Platz gefüllt. Noch lange nach dem offiziellen Teil musste Referent Lanser Fragen beantworten. Etliche Zuhörer hatten eigene Fundstücke zur Begutachtung mitgebracht.


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28.01.2003
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