Politischer Wechsel mit Folgen für Kleinenbremen?
Das Verschwinden der Orientierungsstufe in Niedersachsen könnte den Schülergrenzverkehr neu beleben

      

Von Wilhelm Gerntrup

Porta Westfalica / Bückeburg (gp). Wirkt sich das Ergebnis der niedersächsischen Landtagswahl auch auf die Portaner Schullandschaft aus? Die neue CDU/ FDP-Mehrheit in Hannover hat die Abschaffung der Orientierungsstufe beschlossen. Das könnte den grenzüber- greifenden Schülerverkehr in Bewegung bringen.

"Weg mit der OS!" Mit diesem Slogan waren die niedersächsischen Christ- und Freidemokraten in den Wahlkampf gezogen. Sie wussten dabei eine wachsende Zahl von Wählern hinter sich. Selbst in der SPD, die die eigenständige Schulform für die Klassen 5 und 6 vor knapp dreißig Jahren ins Leben gerufen hatte, wurde der Ruf nach Veränderungen laut.

Die letzte Kultusministerin Jürgens- Pieper (SPD) versuchte, den wachsenden Unmut durch die Einführung einer Förderstufe aufzufangen. Doch das kam beim Wähler offensichtlich nicht an.

Ministerpräsident Christian Wulff hat das Aus für die OS bereits im Sommer angekündigt. Doch das ist zeitlich nicht zu schaffen. So hat man sich im Rahmen der Koalitionsverhandlungen auf den 1. August 2004 geeinigt.

Von diesem Zeitpunkt an werden auch die niedersächsischen Grundschüler wieder wie in Nordrhein-Westfalen und allen anderen Bundesländern bereits nach der vierten Klasse zu einer der weiter- führenden Schule wechseln, also auf Gymnasium, Real-, Haupt- oder Gesamt- schule. Das letzte Wort bei der Entschei- dung über die richtige Schule für ihr Kind sollen dabei, eindeutiger als bisher, die Eltern haben.

Neue Akzente wollen die Neuen in Hannover auch auf anderen Feldern der Bildungspolitik setzen. Das Abitur wird künftig nach zwölf Schuljahren gemacht. Man orientiert sich dabei am Modell des Landes Sachsen. Der Unterrichtsstoff soll nicht gekürzt, sondern auf die kürzere Zeitspanne verteilt werden.

Auch beim Thema Gesamtschule besteht Einigkeit: Die bestehenden sollen zwar nicht angetastet, neue aber nicht mehr eingerichtet werden. Umgesetzt werden soll auch das Wahlversprechens, kurzfristig landesweit 2500 neue Lehrer einzustellen.

Der Wegfall der Orientierungsstufe dürfte nach Einschätzung des Kleinenbremer Schulleiters Ernst Otto Tofaute auch Auswirkungen auf den Schülergrenzverkehr haben. Zu der Frage, ob und wie die Eltern reagieren, wagt er jedoch keine Prognose. Bisher wechselte jedes Jahr rund ein Drittel der Kleinenbremer Viertklässler zur Fortsetzung der Schullaufbahn nach Bückeburg über.

Als Hauptgrund wurde die räumliche Nähe genannt. Eine Rolle spielte aber auch das Pro und Kontra Orientierungs- stufe. In diesem Jahr denken nach Mitteilung Tofautes bisher sieben bis acht der insgesamt 37 betroffenen Eltern über einen Grenzwechsel nach. Der Entschei- dungsprozess sei jedoch noch im Gange.

Keine Auswirkungen werden die Vorgänge und Veränderungen in Niedersachsen nach Aussage der Eisberger Grundschulchefin Hildegard Nockemann- Marx auf die Schul- landschaft im südöstlichsten Stadtbezirk haben. Dort grenzt bekanntlich, wenn auch in größerer Entfernung, Rinteln an.

Ob mit oder ohne Orientierungsstufe - die Kinder aus Eisbergen und Fülme seien traditionell und ohne Ausnahme auf die Portaner weiterführenden Schulen ausgerichtet, so Nockemann-Marx.


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05.03.2003
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