Vorsicht, der "Spaßkellner" kommt!
Zwischen Kopfschütteln und Begeisterung: Clownstheater "Verschwägert" aus Kleinenbremen

      

Ständig in Bewegung: Die drei Verschwägerten Holger Pape, Eric Kolb und Volker Homeier (von links) als "Die Blaumänner". Foto: Stefan Lyrath

Von Stefan Lyrath

Porta Westfalica-Kleinenbremen (Ly). Hilton-Hotel, Frankfurt. Eine geschlossene Gesellschaft diniert in angenehmer Atmosphäre. Plötzlich fängt der Kellner an, Staub zu saugen, fährt mit der Düse sogar über den Maßanzug eines Gastes. Dieser Flegel!

Und es kommt noch schlimmer: Anstatt zu servieren, zündet sich der freche Kerl eine Zigarette an, reagiert auf auf Bestellungen mit patzigen Antworten, nickt zwischendurch ein. Einem der zunehmend genervten Gäste wird es irgendwann zu bunt. Er marschiert zum Hotelmanager und beschwert sich über den unverschämten Angestellten. Verstehen sie Spaß?

Schon länger her, die Geschichte. Der Kellner war gar kein Kellner, jedenfalls kein richtiger. Es war Eric Kolb in seiner Rolle als "Spaßkellner". Damals lebte der Amerikaner noch als Straßenkünstler und Profi-Clow am Main, neuerdings wohnt Kolb in Kleinenbremen. Eins ist geblieben: Bis heute spielt er den "Spaßkellner", einen so genannten "Walk- Act", mit Vorliebe.

Auf ähnliche Situationen wie jene im noblen Speisesaal müssen sich nun auch die Portaner gefasst machen. Denn Eric Kolb (Tel. 01 77 / 515 42 93) kann man mieten, zusammen mit dem gebürtigen Barkhauser Volker Homeier und Holger Pape, der ursprünglich aus Hausberge kommt. Alle drei bilden das Clownstheater "Verschwägert" (www.verschwaegert.de). Am Rande: Sie heißen nicht nur so, sie sind es auch.

Seit April wohnt das Trio mit Familie auf dem ehemaligen Hof Prasuhn an der Kleinenbremer Straße, wo vorher Aussiedler und Asylbewerber untergebracht waren. "Wir haben wie verrückt geschuftet", erzählt Kolb, während Homeier bei sengender Hitze draußen buddelt. Noch immer gleicht das Haus einer Baustelle. Zuerst sind die Wohnräume an der Reihe.

Ihr nächstes Ziel verlieren die drei Künstler dabei nie aus den Augen: Voraussichtlich im Sommer kommenden Jahres soll der Umbau der Diele zu einem Theatersaal mit etwa 100 Plätzen für Zuschauer beendet sein. Auf dieser "festen Bühne" will dann nicht nur "Verschwägert" regelmäßig auftreten. "Sie ist außerdem offen für alle Künstler", kündigt Eric Kolb an, der hauptberuflich Englisch an einer Bielefelder Sprachschule unterrichtet. Pape, ein Erzieher, und Homeier, der auf Jobsuche ist, spielen nebenbei auch auf der Freilichtbühne.

Außer "Walk-Acts" wie dem "Spaßkellner" bieten die Kleinenbremer Kleinkünstler zwei weitere Arten Programm. Erstens Improvisationstheater mit kurzen Spielszenen. Zweitens die traditionelle Clownsnummer, "inspiriert von Charlie Chaplin oder Buster Keaton", wie Kolb erklärt.

Da gibt’s dann den unvermeidbaren Tritt in den Hintern und natürlich die Torte ins Gesicht. Auf den ständigen Dialog mit ihrem Publikum mögen die drei auch dabei nicht verzichten - wohl aber auf vorgeschriebene Texte. "Alles kommt spontan", sagt Homeier.

Gelegentlich sorgt "Verschwägert" nachhaltig für Verwirrung, manchmal sogar für Kopfschütteln. "Die Reaktionen reichen von Unverständnis bis zur totalen Begeisterung", hat Homeier beobachtet. Nicht so gut an kam ein Auftritt bei der jüngsten städtischen Altenfeier in Kleinenbremen, einer von bisher fünf in Porta. "Es war das falsche Programm", räumt Kolb ein, der weiter vor Senioren auftreten will. "Beim nächsten Mal werden wir unser Programm auf deren Bedürfnisse abstimmen."

Auch wer als Zuschauer zufällig mitten in einen "Spaßkellner"-Act gerät, muss sich erst orientieren. Der Auftritt kann vier Stunden dauern und steigert sich eher langsam, am Ende dafür bis ins Absurde. Kolb: "Anfangs glauben fast alle, dass der Kellner echt ist."

Da hatte es das Publikum bei der Einweihung des Kleinenbremer Dorfplatzes, wo das Trio als "Die Blaumänner" in Handwerkerkluft unterwegs war, bedeutend leichter. "Bei der Nummer merken die Leute nach dem zweiten Gag, worum es geht", sagt Kolb. Und noch etwas lässt sich kaum übersehen: Die drei Verschwägerten sind urkomisch. Hilfreich dürfte dabei dies sein: "Ein bisschen verrückt sind wir", wie Homeier mit einem Augenzwinkern meint.

Zuletzt haben die Kleinenbremer das Agenda-Sommerfest bereichert. Demnächst sind sie beim Stadtfest zu sehen. Termin: Sonntag, 14. September, 15 bis 17 Uhr.

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11.08.2003
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