"Nächste Eiszeit kommt bestimmt"
Geologe hält spannenden Vortrag im Bergwerksmuseum / "Mensch der gefährlichste Jäger"

      

Auch nach seinem Vortrag im Kleinenbremer Bergwerksmuseum musste Geo- und Paläontologe Dr. Peter Lanser noch viele Fragen beantworten. Zur Veranschaulichung seines Vortrags hatte er eine Reihe von eiszeitlichen Skelettfunden mitgebracht. Foto: Gerntrup

Von Wilhelm Gerntrup

Porta Westfalica-Kleinenbremen (gp). Auf den Steppen riesige Moschus- und Rentierherden, in den Urwäldern Luchs, Wolf und Bär - das eiszeitliche Tierleben hierzulande war vielfältig und artenreich.

Die heimische Fauna und Flora sei über Jahrmillionen hinweg betrachtet immer wieder neu- und andersartig gewesen, stimmte Referent Dr. Peter Lanser seine Zuhörer auf eine ausgedehnte Zeitreise ins Erdaltertum ein. Der gelernte Geo- und Paläontologe war zu einem Vortrag über die Eiszeitliche Tierwelt Westfalens ins Kleinenbremer Bergwerksmuseum gekommen. Ursache des stetigen Wandels war laut Lanser ein periodisches, beinahe rhythmisches Auf und Ab der Erdtemperaturen. Extrem heißen Abschnitten folgten Zeiten, in denen die Region mit Gletschereis zugedeckt war. Jeder Prozess zog sich über eine für uns Menschen kaum vorstellbar lange Zeitspanne hin.

Besonders interessant und spannend müssen nach den Ausführungen des Mitarbeiters des Westfälischen Naturkundemuseums in Münster die Verhältnisse vor etwa 10 000 bis 50 000 Jahren gewesen sein. Entgegen landläufiger Meinung herrschte ein außergewöhnlich vielfältiges Tier- und Pflanzenleben. Ermöglicht wurde der Artenreichtum durch eine günstige Klimasituation. So sei es zwar erheblich kälter, aufgrund der intensiven Sonneneinstrahlung aber auch trockener und gesünder als heute gewesen.

Es gab Vögel, Insekten und alle anderen, bis heute bekannten Lebewesen. Die meisten waren bis zu einem Drittel größer als ihre derzeitigen Artgenossen. Auch die Zusammensetzung war anders. Auf den baum- und grasbestandenen Kaltsteppen weideten Moschus- und Rentierherden. Dazwischen Nashorn, Pferd, Elefant und Stachelschwein. Ihre ärgsten Verfolger waren Löwen, Tiger und Hyänen. In den Urwäldern hausten Bären, Wölfe und Panther. Sie lebten von Hirsch, Hase und Reh. Der gefährlichste, weil intelligenteste Jäger war der Mensch. Sein größter Vorteil war die Fähigkeit zu organisiertem Denken und Handeln. Er konnte Fallgruben bauen und ganze Büffelherden über eine Felskante treiben.

So ausgestattet kam der Homo sapiens am besten mit den Folgen der starken Klimaveränderungen und der bis heute andauernden Erderwärmung klar. Ein großer Teil der anderen Arten starb aus oder folgte, wie Rentier, Bär und Wolf, den in Richtung Polarregion zurückweichenden Eis- und Kältezonen.

Aufschlussreiche Skelett-Teilchen

Dass man heute überhaupt etwas über die damaligen Lebensverhältnisse weiß, ist den zahlreich aufgefundenen Fossilien und Knochenfragmenten zu verdanken. Nach Lansers Aussage lassen sich selbst aus kleinen Skelett-Teilchen nicht nur Artenzugehörigkeit und Lebenszeitraum, sondern darüber hinaus Größe, Alter und Gesundheitszustand sowie Lebens- und Fressgewohnheiten der Tiere ablesen. Jeder neue Fund trage zur Verdichtung des Erkenntnis-Puzzles bei. Lanser selbst hat dazu ein gutes Stück beigetragen. Seine Beiträge zur Saurierforschung sind international geachtet und bekannt.

Über die Frage, ob und wie stark der Mensch unserer Tage an der Klimaschraube mitdrehe, mochte Lanser nicht spekulieren. Nur soviel: Die Erde befinde sich mit oder ohne menschliches Zutun in einer eiszeitlichen Übergangs- und Aufwärmphase. Möglicherweise trage mangelndes Umweltbewusstsein zur Beschleunigung oder Verschärfung dieser vorbestimmten Entwicklung bei, aber: "Die nächste Eiszeit kommt bestimmt."


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03.12.2003
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