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Mit Stoßbesen, Schultereisen, Kehrleine
und Ehrenurkunde unterwegs: Der stellvertretende Portaner Bürgermeister
Dieter Lichte aus Kleinenbremen wurde dieser Tage für 25-jährige Tätigkeit
als Bezirksschornsteinfegermeister geehrt.Foto: Wilhelm Gerntrup
Von Wilhelm Gerntrup
Porta Westfalica (gp). Wenn es stimmt, dass Schornsteinfeger Glück
bringen, dann darf Dieter Lichte aus Kleinenbremen auf ein langes,
segensreiches Wirken zurückblicken.
Seit exakt 40 Jahren ist er regelmäßig im dunklen Wams mit Kehrleine,
Schultereisen und Stoßbesen unterwegs, davon 35 Jahren mit dem
Meisterbrief in der Tasche. Dieser Tage wurde er obendrein von seiner
Innung für 25-jährige Tätigkeit als selbständiger
Bezirksschornsteinfegermeister geehrt.
Zu den von Lichte von Amts wegen betreuten Glückskindern gehören die
Leute im Kehrbezirk Nordkette Wesergebirge. Damit sind die Einwohner von
Neesen, Nammen, Wülpke und Kleinenbremen gemeint. Hier steigt Lichte
regelmäßig etwa 2560 Hausbesitzern aufs Dach. Rund 60 Prozent von ihnen
verbrennen Öl, die anderen Gas. Die Zahl derer, die sich noch an
Elektro-Nachspeicheröfen erwärmen, ist auf ein knappes Dutzend
zusammengeschrumpft. Stark im Aufwind dagegen sind Kamine und
Holzbrandeisenöfen. Sowohl Öfen als auch Ofenbetreiber in seinem Bereich
seien in Ordnung, so Lichte. Die meisten Heizungsanlagen seien technisch
auf dem neuesten Stand ganz anders als in manchen städtischen
Wohnquartieren, wo es an Geld und Aufklärung mangele.
Über seinen Kehrbezirk hinaus ist der Mann in Schwarz auch als Blauer
(Feuerwehrmann) und Roter (SPD-Politiker) bekannt. Auch auf diesen beiden
Feldern hat es Lichte zu etwas gebracht. Als Brandoberinspektor hat er das
Spitzenamt für ehrenamtlich tätige Brandschützer inne. Und seit fast 30
Jahren gehört er - als Mitglied des Stadtrates und stellvertretender Bürgermeister
- zu den auffälligsten Erscheinungen der Portaner Kommunalpolitik.
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"Tag für Tag bei Bürgern vor
Ort"
Lange Zeit hielt er als umtriebiger und streitbarer Querdenker auch und
vor allem die politischen Freunde in Atem. Art und Umfang seines
politischen Engagements haben nach eigenem Bekunden direkt mit der
beruflichen Tätigkeit zu tun. Im Gegensatz zu manchen anderen
Volksvertretern stehe er Tag für Tag den von seinem Handeln betroffenen
Menschen gegenüber. "Da kriegt man hautnah mit, was die Leute fühlen
und denken."
Nach der Arbeit Pause am Küchentisch
Im Schnitt taucht er, je nach Heiz- und Schornsteinsystem, ein- bis
dreimal im Jahr in den Häusern seines Kehrbezirks auf. Viele warteten
schon auf ihn, sagt er nicht ohne Stolz. Nicht selten muss er sich nach
dem Schornsteinputz erst mal an den Küchentisch setzen. Dann geht es bei
einer Tasse Kaffee um Abwasserbescheid, nicht regelmäßig entleerte
Papierkörbe und den städtischen Winterdienst.
Gelegentlich muss auch schon mal die Glühbirne ausgewechselt, ein
Schreiben aufgesetzt oder ein Formular ausgefüllt und zur Stadtverwaltung
mitgenommen werden. Du most doch sowieso na’en Amte, sagen die Leute.
Wenn er gesund bleibt, will Lichte in Bergkette Nord, sei es als Glücksbringer
oder als Amtsbote, noch ein paar Jahre die Runden drehen, obwohl einige jüngere
Kollegen ohne eigenen Bezirk schon auf meinen Abgang spekulieren. Eine
ganze Reihe seiner möglichen Nachfolgekandidaten hat er selbst
ausgebildet.
Auch im kommenden Jahr soll ein neuer Azubi ran. Schließlich werden
hierzulande auch in Zukunft Glücksbringer gebraucht.
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30.12.2003
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