Museum nimmt die Berührungsängste
Vorbereitung von Ausstellungen, die auch das Anfassen erlauben / Dinosaurierknochen bleiben aber hinter Glas

      

Stein unter der Lupe: Der Mineraloge Ralf Klusmeier untersucht hier einen Brocken Porta-Sandstein. MT-Foto: Dirk Haunhorst

Von Dirk Haunhorst

Porta Westfalica-Kleinenbremen (mt). Das Museum für Bergbau und Ergeschichte startet mit neuen Attraktionen in die Saison. Dinosaurierknochen werden ausgestellt und heimische Steine zum Anfassen. Und am kommenden Wochenen findet eine Sonderausstellung über die Siedlungen der Bergmannsfamilien statt. Titel: Bergmannskuh und Schweinekasse.

Gestern Vormittag im Museum: Ralf Klusmeier nimmt einen Porta-Sandstein unter die Lupe, greift dann zur Salzsäure und schüttet sie über das Ausstellungsstück. Die Säure schäumt auf. "Die Reaktion zeigt, dass der Stein kalkhaltig ist", erklärt der Mineraloge. Dann diktiert er Museumsleiter Dr. Gerhard Franke die mineralogische Zusammensetzung des Sandsteins in den Notizblock. Später werden die Erläuterungen in verständlicher Form an den Podesten angebracht, auf denen die Steine stehen.

Wichtiger als die Erläuterung ist für Franke, dass Besucher die Steine anfassen können, ohne Berührungsängste. "Die Exponate steckten bislang meistens hinter Glas. Nun bauen wir zunächst zwölf Steine auf, welche die Besucher im Wortsinne begreifen können."
 

Gezeigt werden ausschließlich Brocken aus der heimischen Region, unter anderem Porta-Sandstein, der im Wiehengebirge gebrochen und für viele repräsentative Bauten in Minden und Umgebung verwendet wurde. Neben der Zusammensetzung fasziniert Franke vor allem die Form der Steine. Manche haben glatte Oberflächen, anderen knollenartige Verwerfungen. "Das ist Kunst ohne Künstler", meint der Museumsleiter.

Nicht zum Anfassen sind außerge- wöhnliche und empfindliche Exponate wie die Dinosaurierknochen, die das Museum Ende vorigen Jahres erhalten hat. Damals wurden Funde aus dem Wiehengebirge nach Kleinenbremen gebracht und in einem Vortrag erklärt. "Wir hoffen auf weitere Funde, damit wir irgendwann einen kompletten Raubsaurier zeigen können", sagt Susanne Riedmayer. Die Museumspädagogin ist sich sicher, dass die Saurierknochen viele Besucher ins Museum locken werden.

Erzabbau für Kriegsindustrie


Riedmayer befasst sich derzeit mit der Vorbereitung der Sonderausstellung "Bergmannskuh und Schweinekasse". Sie wird am kommenden Sonntag, 25. April, eröffnet und ist bis Ende Mai zu sehen. Die Ausstellung beschäftigt sich mit den Folgen der Siedlungstätigkeit in den dreißiger und vierziger Jahren, als die Nationalsozialisten für die Kriegsproduktion den Erzabbau in der Grube Wohlverwahrt wieder aufnahmen.

Schweinekasse als Versicherung

Ungefähr 200 Bergmannsfamilien siedelten sich in Kleinenbremen, Wülpke und Nammen an. Sie lebten nicht nur von der harten Arbeit der Kumpel unter Tage, sondern auch von der Eigenversorgung aus Gärten und Kleintierhaltung. Die Kuh der Siedler war die Ziege und außerdem hielten viele Familien ein Schwein.

Damit der vorzeitige Tod eines Schweins oder das Fleischverzehr-Verbot durch den Trichinenbeschauer nicht die Existenz der Familie bedrohte, wurde die so genannte Schweinekasse gegründet, in die alle einzahlten und aus der heraus dann ein neues Schwein bezahlt wurde. "Die Schweinekasse existierte noch bis vor zwei Jahren", weiß Susanne Riedmayer. Sie baut in den nächsten Tagen im Vortragsraum des Museums einen typischen Bergmanns-Garten auf. Denn Dreidimensionales ist anschaulicher als der Zettel im Glaskasten.


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17.04.2004
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