Es grünt so grün im Museum:
Ein Nutzgarten wie in den dreißiger Jahren dominiert die Ausstellung
optisch.Foto: Stefan Lyrath
Von Stefan Lyrath
Porta Westfalica-Kleinenbremen (Ly). Die Kleinenbremer haben’s
gut. Das Raumangebot der Häuser in den früheren Bergmannssiedlungen mag
eher durchschnittlich sein - aber die Gärten sind der Hit.
Bei den Nazis hatte das Methode, wie die Sonderausstellung
"Bergmannskuh und Schweinekasse" zeigt, die im Museum für
Bergbau und Erdgeschichte eröffnet wurde. Weil Hitler- Deutschland von
kriegswichtigen Rohstoffen aus dem Ausland unabhängig werden sollte,
setzten die Nationalsozialisten auf Inlandserze. Die 1923 stillgelegte
Kleinenbremer Grube Wohlverwahrt ging 1934 wieder in Betrieb.
Um Bergleute zu locken, versprach die NS-Propaganda jeder Familie ein
eigenes Haus auf eigenem Grund und Boden - für rund 10 000 Reichsmark. In
den großen Nutzgärten gediehen Obst und Gemüse zur Selbstversorgung,
dort oder im Keller standen Kleinvieh, Schweine und "Bergmannskühe",
die Ziegen. Angesichts dieser verlockenden Aussichten wuchs die
Einwohnerzahl Kleinenbremens allein zwischen 1938 und 1940 von 1611 auf
2052. Und die Zeche brummte.
"Die Menschen wurden für parteipolitische Ziele
instrumentalisiert", so Museumsleiter Dr. Gerhard Franke während der
Einführung. Dies sei bis in die kleinste Verästelung des Lebens hinein
betrieben worden.
Natürlich dachten die Nazis bereits weiter. Sie wollten Krieg führen und
"Lebensraum im Osten" schaffen. Da traf es sich gut, dass die
Familien sich selbst ernähren konnten, wenn der Mann im Krieg oder der
Nachschub abgeschnitten war.
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Vor dem Hintergrund wird klar,
warum sich der Landrat 1936 höchstselbst einschaltete, als in
Kleinenbremen und Wülpke nur drei Böcke auf 289 Ziegen kamen.
Vorgeschrieben waren 80 Ziegen pro Bock - mindestens. Das war die
Geburtstunde des "Zwangsbocks".
Die eindrucksvolle Schau liefert auch ein Stück Sozialgeschichte. Sie
zeigt, wie sich in den dreißiger und vierziger Jahren dörfliches Leben
und enger Zusammenhalt der Bevölkerung entwickelten. Falls mal ein
Schwein verstarb, trat die "Schweinekasse" ein, eine
Versicherung als Solidargemeinschaft, die in Kleinenbremen erst 2002
aufgelöst wurde - mangels Masse.
Heute gilt die fettreiche Ernährung
der Bergleute als verpönt. Damals feierte man ein Fest, wenn der
Hausschlachter kam und es hieß: "Wir schlachten ein Schwein und
wecken es ein."
Teil der Stadt eng mit Bergbau verbunden
Um das Leben vieler Kinder zu sichern, seien ein oder zwei Schweine
gehalten worden, erinnerte Landrat Wilhelm Krömer, der sich wünscht,
dass die Menschen wieder "eigene Produkte aus Haus und Garten schätzen
lernen". Für Vize-Bürgermeister Hans-Martin Polte wird durch die
Schau "deutlich, wie eng ein Teil unserer Stadt mit dem Bergbau
verbunden ist".
Die von Museumspädagogin Susanne Riedmayer konzipierte Ausstellung mit
historischen Fotos und Dokumenten ist Teil eines gemeinsamen Aktion 40
ostwestfälisch-lippischer Museen zum Thema "Mahlzeit!". Sie läuft
bis Ende Mai, wird unterstützt vom Kunstkreis Porta Westfalica, der örtlichen
Siedlergemeinschaft sowie dem Heimatverein.
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27.04.2004
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