Von Dirk Haunhorst
Porta Westfalica-Kleinenbremen (mt). In Minden-Lübbecker waren die
Saurier los. Jedenfalls vor 150 Millionen Jahren. Einen erneuten Beweis
dafür liefert der spektakuläre Fund einer Raubsaurier-Tatze in einem
Oberlübber Steinbruch.
Gestern wurde der Abdruck dem Museum für Bergbau und Erdgeschichte in
Kleinenbremen übergeben. ,Das ist für Ostwestfalen eine Sensation",
sagte Kreisheimatpfleger und Museumsdirektor Dr. Gerhard Franke, als der
Transporter des Naturkundemuseums Münster gestern Vormittag vorfuhr.
Saurierexperte Dr. Klaus-Peter Lanser, wissenschaftlicher Referent im
Naturkunde-Museum des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe, ordnet den
Fund so ein: ,Das ist der einzige Fund einer Saurierfährte dieser Größe
in ganz Nordrhein-Westfalen. Die Gesamtgröße des Abdrucks misst rund 40
Zentimeter. Entdeckt hat ihn der Hüllhorster Hobby-Geologe Wilhelm
Brandhorst. Den Tag wird er nie vergessen. Es war Sonntagvormittag, der
11. Januar. Aufgrund früherer (Knochen)-Funde in diesem Bereich war
Brandhorst zuversichtlich, dass es noch mehr Hinweise auf Saurier geben
muss. Mit kundigem Blick suchte er den Boden ab und hielt plötzlich inne.
Auf einem Gesteinsbrocken, der sich aus dem Fels gelöst hatte, war ein
Abdruck zu sehen. Der Hobbygeologe zweifelte nicht eine Sekunde. ,Ich
w:usste sofort, dass das etwas ganz Besonderes ist. Wie ein Sechser im
Lotto." Rasch deckte Brandhorst die Fundstelle ab und informierte die
zuständigen Stellen.
Die Fachleute vom Naturkunde-Museum des Landschaftverbandes haben den
Abdruck in den zurückliegenden Wochen und Monaten untersucht und präpariert.
Lanser ist sicher, dass es sich um die Tatze eines Raubsauriers handelt.
,Wegen der Dreizehigkeit und des spitzen Winkels, in dem die Zehen
zueinander stehen." Viel mehr kann man über den Saurier nicht sagen,
zumindest nichts Seriöses.
Der Finder Wilhelm Brandhorst und der Eigentümer des Grundstücks haben
wesentlichen Anteil daran, dass der Fund nun nach Kleinenbremen gekommen
ist. Als Eigentümergemeinschaft im juristischen Sinne haben sie über den
Verbleib ein gehöriges Wörtchen mitzureden. Brandhorst: ,Für mich war
gleich klar, dass der Fund nach Kleinenbremen gehört." In der
Vergangenheit waren bedeutsame Funde oftmals anderswo untergebracht
worden, zum Beispiel im bekannten Doberg- Museum in Bünde. Museum-Chef
Dr. Gerhard Franke hat keine Zweifel daran, dass der Tatzenabdruck in
Kleinenbremen am besten aufgehoben ist. ,Wir als Regionalmuseum müssen
auch die Funde der Region repräsentieren."
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Gestern wurde der schwere Gesteinsblock
erst einmal ins Museum gehievt. In den nächsten Tagen und Wochen
erstellen die Experten eine Informationstafel, welche das Fundstück erklärt.
Offen ist noch, ob der Stein von Besuchern angefasst werden darf oder
hinter Glas kommt. Franke ist Verfechter eines ,Museums zum Anfassen"
und möchte den außergewöhnlichen Fund so besucherfreundlich wie nur möglich
präsentieren. Allerdings gaben Lanser und Brandhorst gestern zu bedenken,
dass darunter das Exponat selbst auf Dauer leiden könnte.
Wer nun neugierig geworden ist, kann sich bereits am kommenden Wochenende
einen Eindruck von dem Abdruck verschaffen. Das Museum hat von Freitag bis
Sonntag jeweils von 10 bis 17 Uhr geöffnet.
Riesenechse: So ähnlich wie dieses Exem- plar könnte der Raubsaurier,
der in Ober- lübbe seinen Abdruck hinterlassen hat, aus- gesehen haben.
Ein Mensch ist vergleichs- weise mickrig.
Hintergrund
Der tonnenschwere Raubsaurier, der vor 150 Millionen Jahren im heutigen
Oberlübbe einen nachhaltigen Abdruck hinterließ, lebte in tropischem
Klima. Denn damals lag die hiesige Region rund 2000 Kilometer weiter südlich
und war Küstenbereich.
Vor 150 Millionen Jahren (im Erdzeitalter Malm, oberes Jura) waren die
Dinosaurier die unbestrittenen Herrscher des Planeten. Erste Exemplare gab
es bereits vor 225 Millionen Jahren, vor 65 Millionen Jahren starben sie
dann plötzlich aus. Saurierexperte Dr. Klaus-Peter Lanser nennt dafür
drei Gründe: gravierende Klimaveränderung durch die Verschiebung der
Kontinente (Meerstraßen schlossen sich), starke Vulkantätigkeit vor
allem im heutigen Indien und schließlich der Einschlag eines ungefähr
zehn Kilometer großen Asteroiden- oder Kometen auf der mexikanischen
Halbinsel Yucatan. Lanser: ,Klimaveränderung und Vulkanismus hatten zwar
nicht die Gesamtzahl an Sauriern, jedoch die Anzahl der Gattungen bereits
deutlich reduziert." Der Einschlag auf Yucatan, der unvorstellbar
viel Staub in die Atmosphäre gewirbelt habe, sei dann für die Saurier
,der finale Todesstoß" gewesen, so Lanser.
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24.06.2004
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