Preußische Königskrone in Kleinenbremen versteckt
Kurt von Plettenberg brachte Hohenzollernschatz vor der Roten Armee in Sicherheit / Todessturz aus dem Fenster

      

Mann des Widerstands aus Bückeburg: Kurt Freiherr von Plettenberg. Repro: Gerntrup

Von Wilhelm Gerntrup

Porta Westfalica-Bückeburg (gp). Die Erinnerung an das Hitler-Attentat am 20. Juli 1944, das sich jetzt zum 60. Mal jährte, ist hierzulande auch und vor allem mit dem Namen Kurt von Plettenbergs verknüpft.

Der gebürtige Bückeburger und einstige Hofkammerchef des schaumburg-lippischen Fürstenhauses gehörte zum engeren Freundeskreis der Offiziere um von Stauffenberg und von Hardenberg, Innenminister Popitz, Generaloberst Beck und Botschafter von Hassel. Er war von Anfang an in die Umsturzpläne eingeweiht. Am 1. März 1945 wurde er in seiner Dienstwohnung im Potsdamer Schloss Cecilienhof verhaftet. Dort war er seit 1942 als Generalbevollmächtigter des preußischen Ex-Königshauses tätig.

Schatz in der Kirche eingemauert

Eine seiner letzten Amtshandlungen vor der Enttarnung war die Rettung des Hohenzollernschatzes. Die Panzerverbände der Roten Armee hatten bereits Schlesien und Ostpreußen überrollt. Die kostbarsten Stücke, nämlich die preußische Königskrone und 15 brilliantengeschmückte Tabaksdosen Friedrichs des Großen, holte von Plettenberg persönlich aus dem Berliner Dom und brachte sie mit dem Auto zu seinem alten Freund Pastor Strathmann nach Kleinenbremen. Dort wurden sie in einer Nacht- und Nebelaktion mit Hilfe des örtlichen Maurermeister Friedrich Ackmann in der Dorfkirche eingemauert.

Nach der Verhaftung brachten die Gestapo-Leute von Plettenberg ins Berliner Reichssicherheitshauptamt an der Prinz-Albrecht-Straße. Seinen Namen hatten sie aufgrund der Denunziation eines politischen Weggefährten nach tagelanger, qualvoller Folter erfahren. Um nicht in die gleiche Gefahr zu geraten, beschloss von Plettenberg, seinem Leben selbst ein Ende zu setzen. Die Gelegenheit dazu ergab sich am 10. März 1945. Während des Verhörs stieß er die Begleitbeamten nieder und stürzte sich aus einem Fenster im vierten Stock in den Tod. Man fand einen Zettel mit Aufzeichnungen bei ihm. Am Anfang stand der Satz: ,Ich fürchte den Tod nicht, denn ich habe einen guten Richter."



 

Von Plettenberg hatte Rechts- und Forstwissenschaften studiert und war zunächst in der staatlichen Forstverwaltung tätig, zuletzt als Ressortchef im Reichsforstamt Berlin. 1937 quittierte er den öffentlichen Dienst und übernahm als Hofkammerpräsident die Vermögensverwaltung des Bückeburger Fürstenhauses. Zuvor war er bereits für die Dönhoff`schen Güter in Ostpreußen zuständig gewesen.

Am 1. Januar 1942 wurde er - zusätzlich zu seinem Bückeburger Job - von Hohenzollernkronprinz Wilhelm zum Generalbevollmächtigten des Ex-Königshauses berufen. Den Ersten Weltkrieg machte von Plettenberg als Maschinengewehroffizier mit.

Zu Beginn des Zweiten Weltkriegs kämpfte er als Bataillonskommandeur an West- und Ostfront und wurde mit dem ,Kreuz in Gold" ausgezeichnet - eine Tapferkeitsmedaille, die nach fünfmaliger Bewährung fürs Eiserne Kreuz verliehen wurde.

Sicher scheint, dass über von Plettenberg die Kontakte des Widerstands zum Haus Hohenzollern liefen. Die Konservativen des Attentäterkreises dachten lange über die (Wieder-) Einführung einer konstitutionellen Monarchie im Nach-Hitler-Deutschland nach. Als möglicher Kandidat war der Kronprinz im Gespräch. Doch der zögerte. Die Idee eines Königreichs wurde fallen gelassen.

Sie habe kaum jemand anderen kennen gelernt, der so von Gerechtigkeitsempfinden und von innerer Heiterkeit erfüllt gewesen sei wie von Plettenberg, schrieb die Publizistin und Zeit-Mitherausgeberin Marion Gräfin von Dönhoff in ihren Erinnerungen über den Mann, der ihr Denken und Urteilen nach eigenem Bekunden entscheidend geprägt hatte. Von Plettenberg sei von allen, die ihn kannten, geliebt und geachtet worden. Jeder, vor allem die Leute des Widerstands, hätten ihn wegen seiner absoluten Verlässlichkeit, Unbestechlichkeit und Verschwiegenheit geschätzt. Der ,Welt der Braunen" sei er, wo immer dies möglich war, mit offener Verachtung begegnet.

Versteck erst im April 1946 entdeckt

Nach dem Tode von Plettenbergs blieben Krone und Tabaksdosen lange Zeit wie vom Erdboden verschluckt. Pastor Strathmann und Friedrich Ackmann hielten dicht. Erst im April 1946 wurde das Versteck - mehr durch Zufall - von den Engländern aufgespürt. Die Wiederentdeckung geriet zum spektakulären Medienspektakel.

Heute sind die Kostbarkeiten wieder in Hohenzollern-Besitz.


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17.08.2004
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