,Sie wirkt körperlich gut auf mich"
Hermann Löns hatte eine Freundin aus Kleinenbremen / Heidedichter starb vor 90 Jahren

      

Ein Foto aus dem Familienalbum von Hermann Löns. Die vermutlich 1912 oder 1913 entstandene Aufnahme zeigt Ernestine Sassenberg als ,Dame in Weiß" zusammen mit Hermann Löns (ganz links stehend) und Freunden aus Verlegerkreisen. Repro: Wilhelm Gerntrup

Von Wilhelm Gerntrup

Porta Westfalica-Kleinenbremen (gp). Hermann Löns kam am 26. September 1914 im Kugelhagel des Ersten Weltkrieges ums Leben. An diesem Wochenende jährt sich zum 90. Mal des Todestag des ,Heidedichters".

Zu den wenigen, die damals um den 48-Jährigen trauerten, gehörte eine junge Frau aus Kleinenbremen. Sie war 24 Jahre alt, stammte aus einer kinderreichen Mollenhauerfamilie und galt als außergewöhnliche Schönheit. Ihr Name: Ernestine Sassenberg.

Kennengelernt hatten sich Löns und das junge Mädchen vom Lande sechs Jahre zuvor in Bückeburg. Löns hatte dort 1907 eine Stelle als Lokalredakteur bei der ,Landes-Zeitung" bekommen. Er war in zweiter Ehe verheiratet und wohnte mit seiner Frau und einem behinderten Sohn in der später nach ihm benannten ,Hermann-Löns-Straße". Im Jahre 1908 kam die gerade mal 18-jährige Ernestine als Kindermädchen zu den Löns in Stellung.

Vieles spricht dafür, dass Löns, der zeit seines Lebens seinem Drang zum weiblichen Geschlecht nur schwer widerstehen konnte, die Dienste des Mädchens schon bald auch in anderer Weise in Anspruch nahm. Er hielt sich des öfteren in ,Lütkenbremen" auf. Es entstand ein geradezu schwärmerischer Aufsatz über den Papenbrink. Bemerkenswert aus heutiger Sicht die außerordentlich sorgfältige und wissenschaftlich exakte Beschreibung der Fauna und Flora des Berges - eine Fähigkeit, die Löns über die literarische Qualität seiner Arbeit hinaus als hervorragenden Naturkenner und -schützer ausweist.

In Bückeburg fand Löns allerdings damals keine Anerkennung. Neben seiner Schwäche für Frauen fiel er des öfteren durch Alkoholexzesse und Unpünktlichkeit auf. Das brachte das mächtige fürstliche Konsortium, das damals über Moral und Pressefreiheit in der Residenzhauptstadt wachte, in Rage. 1909 wurde Löns gefeuert. Es folgten wechselvolle, von gefühlsmäßigen Höhen und Tiefen geprägte Jahre. Die Ehe scheiterte. In dieser Situation holte Löns, der nach einer fluchtartigen Reise durch halb Europa in Hannover gelandet war, im Oktober 1912 die inzwischen 22-jährige Kleinenbremerin zu sich. Die junge Frau zog - gegen den Widerstand ihres Vaters - zu ihm.

Sie wurde zur wohl wichtigsten Frau in Löns Leben und gab dem schwierigen und oft unberechenbaren Mann Wärme und Geborgenheit. ,Ich habe eingesehen ,.., daß ich zu Grunde gehe, habe ich den Menschen nicht bei mir, dem ich es danke, daß ich noch lebe, und der beruhigend auf mich wirkt, wie kein weiterer auf der Welt", schrieb er in einem Brief nach Berlin.

Trotz der Bedeutung, die Ernestine Sassenberg bis zuletzt für Löns hatte, blieben die beiden ein in jeder Beziehung ungleiches Paar. Löns sah die Beziehung eher praktisch und distanziert. ,Sie ist die beste für mich, wirkt körperlich gut auf mich, kocht gut, ist sauber, ehrlich, ordentlich. Also behelfen wir uns damit", schrieb er einem Freund, und: ,Allen diesen Quatsch von Liebe, Seelenharmonie usw. quakt die Natur uns bloß vor, damit wir ihr die Art erhalten".

Der ganz große Erfolg als Schriftsteller blieb Löns zu seinen Lebzeiten vorenthalten. Der Durchbruch kam erst nach dem Tod. Heute gehört Löns mit über zehn Millionen verkaufter Bücher zu den meistgelesenen deutschsprachigen Autoren.

Beigetragen zur Popularität hat nicht zuletzt auch sein rätselhaftes, von Todesahnung und -sehnsucht begleitetes Sterben. Bis heute hält sich hartnäckig das Gerücht, Löns habe sich den feindlichen Kugeln bei einem Stoßtruppunternehmen während der Marne-Schlacht gezielt ausgesetzt. Er hatte sich sofort nach Kriegsausbruch als Freiwilliger gemeldet. Den Vorschlag, als Kriegsberichterstatter oder Regimentsschreiber zu arbeiten, lehnte er ab. ,Schlafen, schlafen und nie wieder aufwachen" hatte er bereits 1911 an seinen Verleger geschrieben. Und wenige Wochen vor seinem Tode notierte er den Satz: ,Mensch, das Leben ist so schön jetzt, dass es sich lohnt, zu sterben."

Für Ernestine Sassenberg blieb zum Schluss - neben Trauer und Schmerz - auch finanzielle Enttäuschung zurück. Löns hatte ihr große Teile seines literarischen Schaffens vermacht. Die Urheberrechte wurden der jungen Kleinenbremerin auf Betreiben der getrennt lebenden Ehefrau im Rahmen langwieriger Prozesse aberkannt.
 

Vor dem Auftritt des Erntebauern hatte Erntemagd Anke (Horn-Blumberg) in plattdeutschen Reimen für mehr Engagement in Sachen Dorfgemeinschaft geworben. Ortslandwirt Heinrich Werkmeister als Sprecher des Veranstalterteams konnte angesichts der bevorstehenden Kommunalwahl die nahezu komplette lokale und regionale politischer Prominenz bis hinauf zu Landrat Wilhelm Krömer begrüßen. Bauer Paul forderte seine Zuhörer engagiert zur Teilnahme am Urnengang auf: ,Eint will ek jück seggen - ohne hier lange rümme tau kleckern: Wer nich tau Wohl gaht, draff achterher ok nich meckern -!"

Zwischen den Ansprachen spielte die Blaskapelle ,Sülter Musikanten". Der optische Höhepunkt waren einmal mehr die Darbietungen der in ihren schmucken Schaumburger Trachten auftretenden Kleinenbremer Volkstanzgruppen

Zum Auftakt der zweitägigen Veranstaltung hatte es am Samstag das traditionelle ,Toltern" gegeben. Gut zwanzig Helferinnen und Helfer zogen durchs Dorf, um die besser betuchten Einwohner um ,zählbare" Unterstützung zu bitten und sie persönlich zum Fest einzuladen. Die meisten ließen sich nicht lumpen. An etlichen Haustüren wurde außerdem ein ordentlicher Schluck eingeschenkt. Zu Ende ging der Tag mit einem gemütlichen Tanzabend in Bekemeiers Saal.

Der Erntefestsonntag begann traditionell mit der ,Plattdütsken Kerken". Danach startete der Wagenumzug durchs Dorf. Zur Freude der Veranstalter machten acht Vereine und Straßengruppen mit liebevoll geschmückten Wagen mit. Dankbar begrüßt wurde auch die zur Verstärkung angereiste Truppe aus Nammen. Nach der Rückkehr und den Erntereden folgte. ein gemütliches Beisammensein in der ,Schönen Aussicht".


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25.09.2004
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